Böse Taz gegen Polen

Da ist was faul im Staate Polen. Während der Fußball-WM saßen unsere Staatsoberen noch friedlich nebeneinander, Miss Merkel fröhlich (vor allem nach dem deutschen Sieg), Nachbar Lech Kaczynski wie immer grießgrämig. Aber was in den letzten Tag passiert, grenzt schon ans Lächerliche: Die kleinste überregionale Tageszeitung Deutschlands, die Taz, hatte sich im Juni in einem satirischen Artikel über den polnischen Präsidenten Kaczynski lustig gemacht und ihn unter anderem als Kartoffel bezeichnet.

Das kann man lustig finden oder auch nicht, aber eines ist das sicher nicht: Ein Verbrechen – jedenfalls nicht in einer Demokratie, in der Pressefreiheit herrscht. Das sieht Kaczynski jedoch anders. Anstatt den Artikel einfach zu ignorieren, entließ er erstmal seinen Pressereferenten, weil der ihm den Text übersetzt vorgelegt hatte. Danach wandte er sich an die Bundesregierung mit der Forderung, sich zu entschuldigen! Offenbar ist ihm der Unterschied zwischen einer offiziellen Regierungsverlautbarung und eines Satire-Artikels in einer kleinen Zeitung nicht bewusst. Und auch nicht, dass die Regierung in Deutschland nicht einfach in die Arbeit privater Redaktionen und Verlage eingreifen darf (auch wenn sie es in der Vergangenheit schon mehrmals getan hat). Mit Hinweis auf die Pressefreiheit lehnte die Bundesregierung daher auch eine Entschuldigung ab.

Polen ist derzeit ein Land, in dem es eine bedenkliche Entwicklung gibt. Nicht nur, dass der Präsident extrem empfindlich auf Kritik oder Satire reagiert, er ernannte gestern auch noch seinen eigenen Zwillingsbruder ohne Begründung zum Ministerpräsidenten! Gleich am ersten Tag im Amt verlangte auch Jaroslaw Kaczynski eine Entschuldigung für den Artikel in der bösen Taz.
Die Brüder Kaczynski stehen für einen extremen Nationalkatholizismus, sie grenzen sich gegen Deutschland und die gesamte EU ab und steuern das Land immer weiter ins rechte Abseits. Antisemitismus wird langsam wieder hoffähig, der israelische Botschafter in Warschau hat bereits die Zusammenarbeit mit einem Minister der Kaczynski-Regierung abgelehnt. Aber Kritik an der derzeitigen Entwicklung kommt auch aus den eigenen Reihen: Der scheidende polnische Botschafter in Deutschland, Andrzej Byrt, wandte sich in Berlin öffentlich dagegen, dass Lech Kaczynski seinen eigenen Bruder als Ministerpräsident ernennt. Ein polnischer Diplomat, der auf deutschem Boden seinen Präsidenten kritisiert: Dies ist ein in der Nachkriegsgeschichte einmaliger Vorgang und beweist, dass es auch noch vernünftige Menschen in unserem Nachbarland gibt.
Die deutsch-polnischen Beziehungen sind derzeit auf einem Tiefstand und es ist zu befürchten, dass sich dies unter der Regentschaft der Kaczynski-Monarchie nicht ändert. Da bleibt nur zu hoffen, dass sich bald die vernünftigeren Kräfte in Polen durchsetzen und dass es nicht zu einer Neuauflage des „Karikaturenstreits“ vom Frühjahr dieses Jahres kommt, bei dem sich Extremisten ebenfalls von Veröffentlichungen einer Zeitung angegriffen gefühlt haben und massiv überreagieren. Damals gab es bei Angriffen und Demonstrationen zahlreiche Tote. Diesmal hoffentlich nur – Kartoffelsalat…

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