Mit hoch kommen

Es komt ja immer wieder mal vor, dass ein Fahrgast versucht, den Taxifahrer zu überreden, „auf einen Kaffee“ mit in die Wohnung zu kommen. Denken die eigentlich alle, die Geschäfte laufen so schlecht, dass wir uns für ’nen Kaffee prostituieren?
Natürlich steckt eine andere Absicht dahinter, das ist schon klar. Es ist so dermaßen Klischee, dass die Frage fast schon lustig ist. Aber eben nur fast.
Meist sind es Damen in meinem Alter oder etwas jünger. Also Mittelalter. Leider fast nie junge, attraktive Männer, bei denen ich sogar auf den Kaffee verzichten würde.

„Hei, ich bin die Gabi“ waren ihre ersten Worte, als sie ins Taxi stieg. Offenbar war sie gezielt auf die Straße gegangen, um sich einen Mann im zeugungsfähigen Alter zu suchen. „Wir fahren jetzt erstmal zu mir, auf ein Käffchen!“, bestimmte sie, nachdem sie die Tür geschlossen hatte.
„Ich fahre Sie gerne nach Hause, aber der Kaffee ist gestrichen.“
„Du bist aber hart. Hart, hi, hi…“
Oh je, was sollte das noch werden. Normalerweise würde ich mich ja über eine 20-Euro-Tour freuen, aber diese Dame machte sie mir echt zur Qual.
Demonstrativ stellte ich das Radio lauter und hoffte, dass sie nicht ausgerechnet „Je t’aime“ spielen. Aber sie gab nicht auf, schwadronierte von den Männern, die ja heutzutage alle keine richtigen Kerle mehr wären, sondern schwul oder verklemmt oder beides. Aber ich wäre ja ganz anders, das würde sie mir schon ansehen. Ich antwortete nicht.
Als sie jedoch vom Rücksitz aus damit begann, mir den Nacken zu streicheln, wurde ich doch lauter: „Nehmen Sie bitte Ihre Finger von mir weg!“

Aber so leicht ließ sie sich nicht abwimmeln, im Gegenteil. Sie beugte sich nach vorn, so dass sie mir fast direkt ins Ohr flüsterte, ob ich nicht doch Lust hätte, nur für ein paar Minuten.
„Bitte schnallen Sie sich an und lassen Sie mich in Ruhe!“ Ich war echt genervt. Aber die Dame gab keine Ruhe, bis ich sie richtig anschrie und gleichzeitig auf die Bremse ging.
„Entweder Sie geben jetzt Ruhe oder Sie bezahlen und steigen aus!“
„Ist ja schon gut, Sie verklemmter Idiot.“
„Ach, halt die Fresse.“ Die Zeit der überlegten Worte war vorbei. Aber anscheinend war es der richtige Ton, denn sie lehnte sich tatsächlich zurück und sagte einige Minuten nichts mehr. Natürlich war ich froh darüber, solch eine unangenehme Fahrt hatte ich selten.
Als sie am Ziel bezahlte, fragte sie noch: „Und was ist nun? Bist du schwul oder nur verklemmt?“
Ich konterte: „Hatten Sie mit dieser Masche schon jemals Erfolg?“
Sie schrie mich an: „Arschloch!“, stieg aus und schmiss die Tür zu.
Ich nehme an, die Antwort lautet Nein.

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3 Kommentare

  1. Hahaha. Als ich 1991 einem Kollegen von „SIEMENS“ auf einem der Türme des Kraftwerkes Lichterfelde in 86 m Höhe von den Anmachen mancher Fahrgäste erzählte, wunderte er sich über mein Desinteresse. „In Athen ist genau DASS ein wichtiger Grund diese Arbeit zu machen“, meinte er lapidar.

    Ich hatte immer eine sehr klare Antwort auf solche Szenen.
    Sie: „Möchtest Du noch mit hoch kommen auf einen Kaffee?“
    Ich: „Nein danke, hatte ich schon.“
    Sie: „Na, dann vielleicht einfach so?“
    Ich: „Nein danke. Hatte ich auch schon!“

    Nochmal Hihi…

  2. Das kenne ich auch. Aber ich bin (von deiner Seite aus gesehen) am anderen Ufer und habe das Angebot „für einen Kaffee“ schon mehrmals angenommen ;-)

  3. Das letzte mal das mir das passiert ist, ist Jahre her.
    Habt ihr solche anmachen auch tagsüber ? Dann sollte ich mein Pflichtfahrgebiet „überdenken“!
    Obwohl vom Provinzkutscher zum Hauptstadttaxler,- mmh,
    NEIN !

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