Ich schon wieder

Berlin ist eine große Stadt, die Touristen nicht eingerechnet gibt es rund 3,5 Millionen potenzielle Taxi-Fahrgäste. Da ist es selten, dass man mal einen Passagier mehrmals im Auto hat. Ausnahmen gibt es natürlich, wenn man immer zur selben Zeit am gleichen Halteplatz steht, dann kann das schon vorkommen. Oder wenn man wie ich immer wieder mal einen ganz bestimmten Funkauftrag annimmt, wohl wissend, dass es sich nur um eine 5,90-Euro-Tour handelt und deshalb jeder Taxifahrer rund um die Leibnizstraße diesen Auftrag ablehnt.

Diesmal aber lag der Fall anders. Am frühen Abend stand ein altes, kleines Mütterchen mit drei Einkaufstüten an der Wilmersdorfer Ecke Schillerstraße in Charlottenburg. Die Geschäfte hatten gerade geschlossen, sie wollten offenbar nach Hause und winkte mich heran.
Umständlich stieg sie ein und setzte sich auf den Sitz neben mir. Aber statt mit ihr Fahrziel zu nennen, sagte sie freundlich: „Ach, Sie schon wieder!“
Ich war etwas perplex, denn ich konnte mich wirklich nicht daran erinnern, die Dame schon einmal gefahren zu haben, vor allem nicht in der letzten Zeit. Vielleicht war es ja in einer ganz anderen Gegend, aber dass sie mich dann im Halbdunkel des Taxis erkennt, fand ich schon unwahrscheinlich.

Auf der kurzen Fahrt in die Cicerostraße klärte sie mich auf: Im Frühjahr 2006 habe ich nach mehreren Jahren Pause wieder mit dem Taxifahren angefangen. Das hatte ich ihr erzählt, als ich sie damals gefahren habe. Sie konnte sich tatsächlich daran erinnern und dazu noch an mein Gesicht. Ich war wirklich überrascht. Sie aber machte nicht den Eindruck, als ob das etwas Besonderes wäre.
Am Ziel angekommen zahlte sie, gab mir noch einen Euro Trinkgeld und verabschiedete sich mit den Worten: „Bis zum nächsten Mal!“
„Gerne, diesmal vielleicht nicht erst wieder nach zehn Jahren“, antwortete ich.

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