DDR-Wochen in Charlottenburg

Es gibt einige Wörter, die man in der DDR nicht kannte. Eines dieser Fremdwörter war „Dienstleistungsgedanke“. Nicht, dass es im Westen so viel anders gewesen wäre, aber wenigstens den Anspruch gab es.

Nun liegt Charlottenburg zwar nicht in Ost-Berlin, aber anscheinend orientiert man sich in der Tankstelle am Messedamm an der DDR, was den Umgang mit den Kunden betrifft. Anders kann ich es mir nicht erklären, was ich dort erlebt habe:
Nach dem Tanken wollte ich noch zwei Sandwiches kaufen. Ich zeigte auf die Brote, die ich haben wollte. Die Verkäuferin aber sagte: „Welches wollen Sie?“
„Dieses hier unten“. Ich zeigte nochmal drauf.
Daraufhin sie: „Da stehen Namen dran. Die stehen da nicht umsonst.“
Es war mir vor den anderen Kunden peinlich, so pampig behandelt zu werden.
Als ich erwiderte, es wäre das ganz unten in der Ecke, verlangte sie wieder nach dem Namen. Den konnte ich jedoch nicht richtig aussprechen, da ich die italienischen Bezeichnungen nicht kenne. Also stammelte ich den Namen, so dass sie sagte: „Na, geht doch!“ Ich fragte, ob sie immer so unfreundlich wäre, aber das wischte sie beiseite und grinste nur.

Es kann ja sein, dass die Frau einen schlechten Tag hatte. Was aber nicht geht, ist, diese Laune an den Kunden auszulassen.

Ich war sehr wütend über dieses Verhalten und schrieb der Pächterin einen Brief, in dem ich mich über das Verhalten beschwerte. Als ich nach einem Monat noch immer keine Antwort erhalten hatte, mailte ich eine direkt den Aral-Kundenservice an. Von Service ist dort allerdings nichts zu spüren, auch dort hat man es nicht nötig, sich der Sache anzunehmen. Bleibt jetzt nur zu hoffen, dass möglichst viele Kunden die Konsequenz ziehen und diese Tankstelle in Zukunft meiden.

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2 Kommentare

  1. Gute Chancen, zu erleben, was hier mit „DDR“ und „Dienstleistungsgedanke“ gemeint ist, hat man im Stasimuseum in den Originalgebäuden des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit. Da sind anscheinend die ursprünglichen Angestellten noch in Betrieb.

    Ich war dort mit zwei niederländischen Freunden und war so unbedarft, an der Kasse zu fragen, ob man hier auch irgendwo den Antrag stellen kann, seine eigenen Stasi-Akten einzusehen. Wir wurden furchtbar runtergemacht. Dies hier sei eine Museumskasse und keine Auskunftsstelle, auch nicht für die Auskunft, wo denn eventuell eine Auskunftsstelle wäre.

    Mein Freund Marinus wechselte schnell das Thema, indem er drei Karten für Rentner verlangte und auch bekam. Ich stellte ihn zur Rede, wieso er, der jegliche Form von Schwindelei und Vorteilnahme scharf verurteile, er, der sich nie irgendetwas erschleichen würde und jeden verachte, der sowas täte, uns als Rentner ausgegeben habe, wo wir doch alle drei jünger als 65 Jahre waren. Seine Antwort: „Es ist die ganze Atmosphäre hier. Es kam so aus mir raus.“ – So haben wir das Museum um drei mal fünfzig Cent betrogen. Eigentlich hätte ich die Kassenfrau ja dann noch verraten müssen…

    Später wartete ich im Kassenbereich auf die beiden Freunde, die noch nicht durch waren. Auch andere Besucher waren noch im Museum. Im Treppenhaus konnte man gut sehen, dass auch auf jedem Stockwerk noch Wächterinnen waren. Genau um 17:33 kamen zwei Leute und wollten noch rein. Das ging aber nicht, denn Einlass war nur bis eine halbe Stunde vor Schließung, also waren diese Menschen drei Minuten zu spät. Der Mann beteuerte, er wolle mit der Dame, die eine spanische Professorin sei, nur fünf Minuten lang einen ganz bestimmten Raum besuchen, und man wäre sicher vor 18:00 wieder raus. Es gehe nur um das eine Exponat. Aber die Frau an der Kasse war unerbittlich.

  2. Solches Verhalten kann man nicht auf die DDR schieben: ich wohnte 4 Jahre lang in Hamburg und die waren dort auch oft so unfreundlich. Dort habe ich immer wieder erlebt, vom Kellner oder Verkäufer ignoriert zu werde. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass es wichtiger war, nichts machen zu müssen, als Geld zu verdienen. Ich habe solche Verhalten nie mit der DDR verbunden, sondern als deutsches Phanomän empfunden.

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