„Rufen Sie uns bitte ein Taxi“

Ich fahre ein Taxi, das ich echt klasse finde, denn es ist genau wie ich: Es ist nicht mehr das Neueste, hat schon über 270.000 Kilometer hinter sich, einige kleine Beulen, meist nicht ganz sauber. Zudem ist es kein schicker Mercedes, sondern ein eher pragmatischer Opel.

Es gibt Fahrgäste, die bestellen bei der Funkgesellschaft ausdrücklich einen Mercedes und wenn ich an der Taxihalte stehe, steigen manche auch lieber hinter mir in den C-Klasse-Sternling ein, als bei mir. OK, das ist ihr gutes Recht. In Berlin haben die Fahrgäste die freie Taxiwahl, sie sind nicht gezwungen, das erste Taxi in der Reihe zu nehmen.

Was aber gar nicht geht ist, was ich jetzt erlebt habe: Ich stand als Einziger an der Taxihalte vor dem Hotel Radisson in Mitte. Kurz zuvor hatte ich das Auto an einer Tankstelle gewaschen. Ein Pärchen in teuren Klamotten steuerte auf mein Taxi zu, blieb dann aber zwei Meter davor stehen. Sie unterhielten sich offensichtlich über das Fahrzeug. Dann klopfte der Mann an die Scheibe und stellte die etwas dumme Frage, ob ich denn das einzige Taxi hier wäre.
Ich blieb aber freundlich und antwortete: „Wenn kein anderes hinter mir steht, dann anscheinend ja.“
„Hm.“ Er war sich unsicher, ich mir jetzt auch. Hatte ich etwa vergessen, das Taxischild anzuschalten? Aber nein, es leuchtete.
Dann sagte er: „Rufen Sie uns bitte ein Taxi“.
„Warum sollte ich das tun? Sie stehen schon vor einem, ich fahre Sie gerne.“
„Nein, ich meinte ein richtiges Taxi. Nicht so ein…“ Er sprach nicht weiter, aber ich sah schon an seinem Gesichtsausdruck, dass er sich zu fein war, in einen ordinären Opel einzusteigen.
Da ich nicht antwortete, wiederholte er seine Bitte. Ich antwortete nur „Rufen Sie doch selber an“, und schloss das Fenster.

Man mag mir vorwerfen, eingeschnappt gewesen zu sein. Aber wenn ihm mein Wagen nicht schick genug war, musste er sich schon selber um eine Alternative kümmern. Zumal ich sowieso keinen Funk habe und per Telefon anrufen müsste. Das konnte er dann auch selber tun.
Ich würde das machen, wenn es jemand gewesen wäre, der wirklich ein anderes Taxi braucht, weil er z.B. einen Elektrorollstuhl fährt. Aber jemanden damit zu beauftragen, mit dem man sich gleichzeitig weigert mitzufahren, das mache ich nicht mit.

Mittlerweile warteten zwei andere Fahrgäste, als hinter mir ein Mercedes-Taxi an die Halte fuhr. Einer der anderen stieg dort ein, der zweite dann bei mir und bescherte mir eine schöne Fahrt nach Zehlendorf.
Nur das feine Pärchen stand noch vor dem Hotel und wartete. Selber schuld.

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4 Kommentare

  1. Adlon, im Sommer 2017

    wie öfter, stehe ich an der Ecke des Hotels. Und – auch wie öfter – gibt es zur Abendzeit keine Taxis. Ich fahre also etwas vor zu den auf ein Taxi wartenden Menschen und spreche ein Paar an. Sie wollen zur Tiergartenstr. 34 – die Botschaft von Saudi Arabien. Was es kosten würde. Ich sage 15 EURO. Das wäre ja viel zu teuer. Ich betone, dass es sogar ein besonderes Vergnügen und Schnäppchen sei, mit der Rikscha durch das Tor und den Tiergarten zu fahren. Gerade die abendliche Stimmung wäre besonders schön in der Natur, und ein prima Auftakt für so ein Event. Antwort: Ich hätte ja keine Klimaanlage. Da bin ich nun aber sprachlos und trolle mich zurück an meine Ecke. So genieße ich weiter den lauwarmen Wind, die untergehende Sonne und beobachte zwischendurch nicht ohne Schadenfreude die verzweifelten Versuche per Handy ein Taxi zu ordern. Natürlich wissen sämtliche Taxifahrer schon lange Bescheid, dass es etwas zu holen gibt am Adlon. Als nach 15 Minuten endlich ein Taxi eintrifft, darf dieser Kollege diese freundlichen Menschen um die Ecke bringen. Hoffentlich hat er auch alle Fenster zu und die Klimaanlage an. Es ist,als ob diese Herrschaften ihre eigene, bessere Luft zu atmen wünschen würden. Die Gäste dieses Hauses sind im Übrigen öfter einmal sehr von sich und der Richtigkeit ihrer Sicht auf die Welt überzeugt. Einen guten Geschmack und einen respektvollen Umgang mit dem PERSONAL kann man eben auch mit viel Geld nicht erwerben. Ich meide dieses Haus unterdessen.

  2. @ Michael
    Manchen Leuten kann man es eben nicht recht machen.

    @ Frank
    Mittlerweile gibt es hier kaum noch Taxis, die mit Sprachfunk fahren. Schätze so 10-20 Prozent. Sash fährt als Ausnahme im Betrieb bei der WBT, die sind die letzte richtige Funkgesellschaft in Berlin. Die andere (verschiedene Namen, eine Firma) haben den Funk fast abgeschafft, läuft alles elektronisch.
    Mein Kartenleser läuft über’s Smartphone.

    @ Doris
    Man darf sich eben nicht alles gefallen lassen. Manche Personen haben ein Herrenmenschen-Verhalten drauf, das ist nur eklig.

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