Stadträtin will NS-Widerständler löschen

Das Afrikanische Viertel im Wedding ist seit Längerem Streitpunkt in der Diskussion um rassistische Straßennamen. 14 Länder und Städte aus Afrika sind dort in Straßen verewigt, dazu aber auch mehrere Kolonialisten. So erinnert eine Straße an Franz Lüderitz, der die Kolinialisierung von Namibia als Deutsch-Südwestafrika vorbereitetet. Ein Platz ist nach Gustav Nachtigal benannt, der ebenfalls als ein Wegbereiter des deutschen Kolonialismus in Afrika gilt. Von dort führt de Petersallee Richtung Norden. Sie ehrte ursprünglich Carl Peters, einem rassistischen Kolonialpolitiker, dessen Gebaren sogar dem Kaiser zu extrem war: Er wurde unehrenhaft aus dem Kolonialdienst entlassen. Doch diese Verurteilung wurde später von Adolf Hitler persönlich wieder aufgehoben.
Im Jahr 1986 wurde die Straße auf Betreiben der Bewohner/innen offiziell umbenannt, behielt aber ihren Namen. Nun erinnerte sie jedoch an Hans Peters, der während der Naziherrschaft verfolgten Juden half. Er selbst gehörte dem Kreisauer Kreis an.

Seit einigen Jahren sollen den rassistischen Kolonialisten nun nicht länger gedacht werden. Doch die Umbenennung stellte sich als schwierig heraus. Das Bezirksamt hatte 2016 dazu aufgerufen, Namensvorschläge einzureichen, aus denen eine Jury dann im Sommer 2017 die zu ehrenden Personen auswählen sollte. Eine ihrer Empfehlungen war die afrikanische Königin Nzinga von Matanga im heutigen Angola. Dumm nur, dass die Dame Zehntausende ihrer Landsleute als Sklaven verkauft haben soll.
Das Verfahren wurde wieder gestoppt, zum einen wegen dieser Entscheidung, aber auch, weil die Auswahlkriterien und selbst die Zusammensetzung der Jury zu intransparent gewesen ist.

Jetzt sollte jede Fraktion in der Bezirksverordneten-Versammlung von Mitte einen Gutachter vorschlagen, „der in einer öffentlichen Veranstaltung wissenschaftliche Stellungnahmen“ zu den Namen abgibt. Die CDU-Fraktion weigerte sich jedoch, weil sie gegen die Umbenennung ist. Doch auch die Stadträtin Sabine Weißler (Grüne) sorgt für massive Irritationen. Sie besteht weiterhin auch auf eine Umbenennung der Petersallee, die mittlerweile seit 31 Jahren an den Widerständler erinnert. Die merkwürdige Begründung: Die Bürger/innen würden die Petersallee angeblich mit Carl Peters in Verbindung bringen, nicht mit Hans Peters. Einen Beleg für ihre Behauptung lieferte sie nicht. Allerdings wird vermutet, dass parteipolitische Gründe reinspielen, denn Hans Peters war nach dem Faschismus führender Christdemokrat in Berlin.

Am Donnerstag (1. März) findet im Rathaus Tiergarten eine Veranstaltung statt, auf der die Gutachter ihre Vorschläge vorstellen. Insgesamt waren 196 Namensvorschläge eingegangen.

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4 Kommentare

  1. Vielleicht sollte man ganz auf die Benennung von Straßen mit Personennamen verzichten. Es gibt so viele Tier- und Pflanzenarten, also z. B. Seegurkenstraße, Nackmullweg, Stinkmorchelpromenade… :-)

  2. Ach ja, findest Du? Den Nachtigalplatz dann also z.B. nach der Sonnenblumenart Helianthus annuus („Goldener Neger“) benennen?
    Und Dein Vorschlag mit den Stinkmorcheln diskriminiert eindeutig die Stinkmorchelinnen. Das ist also auch keine Lösung. Sexismus ist sowieso ein Problem bei den Pflanzennamen, siehe z.B. Penisettum, Puffbohne oder Jelängerjelieber

  3. Oh weh, wieder zu kurz gedacht. Dann vielleicht nur fortlaufend numerieren. Aber was machen wir z. B. mit der 88. Straße?… Also gar keine Benennungen. Fahrgast: Fahr’n Se mich mal in die kleine Straße in Spandau da hinterm Rathaus zweimal links und wo dann der Edeka ist rechts…

  4. Straßen mit Nummern gibts in Berlin noch etliche.
    Bevor es Straßennamen gab, wurden die Häuser in Berlin übrigens einfach in der Reihenfolge ihres Baus durchnummeriert. :-D

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