Nachtaktive Gesellen

Wenn morgens zwischen 1 und 2 Uhr der Verkehr in der Stadt merklich abnimmt, wenig Autos und nur vereinzelt Menschen auf der Straße zu sehen sind, wandelt sich die Nacht. Jetzt kommen die heraus, die sich sonst verstecken: Die Katzen der Nacht.
Savignyplatz, der „Zwiebelfisch“ ist fast leer, huscht die erste aus dem Gitter hervor, das den Hof von der Straße trennt. Sie ist ganz hell, vielleicht weiß. Vorsichtig tastet sie sich bis zum Bordstein vor, registriert jedes fahrende Auto, sie kennt ihre Feinde. Auch wir wartenden Taxifahrer werden beäugt, man kann ja nie wissen.

Dann läuft sie los. Sie rennt nicht, bummelt aber auch nicht. Nach zehn Sekunden ist sie auf dem Platz verschwunden. Jetzt beginnt ihre Jagd.
Vor ein paar Monaten, als die Nächte noch frostig waren, verschwand sie sogar unter einem Taxi, das gerade angekommen war. Sie wärmte sich am heißen Auspufftopf, aber immer zur Flucht bereit.
Kaum ist die Katze im kleinen Park verschwunden, kommt schon ihre Kollegin, ganz schwarz schleicht sie an den Häuserfassaden der Grolmannstraße entlang. Anmutig stolziert sie durch die Straße, auch sie hat die Ohren gespitzt, ist immer auf dem Sprung. Sie windet sich zwischen den leeren Stühlen und Tischen hindurch, die vor dem Café stehen, die Fenster sind noch beleuchtet, einen Augenblick schaut sie hinein. Plötzlich steht sie da wie elektrisiert, schaut in meine Richtung. Dann rennt sie los und verschwindet um die Ecke in die Knesebeckstraße. Nur wenige Momente später sehe ich sie wieder. Sie hat etwas zwischen den Zähnen, vielleicht eine Maus oder eine Ratte, die sie eben durch die Straße gejagt hat. Katzen sind zwar schön und anmutig – aber es sind eben auch Raubtiere.
Während sie im Dunkeln der Nacht zum Essen verschwindet, höre ich von irgendwo das Schreien einer weiteren Katze. Einige Minuten geht es so, zwischendurch immer wieder Ruhe. Vom Platz taucht die erste Katze wieder auf, diesmal läuft sie furchtlos mitten auf der Fahrbahn. Aber nur, bis sich ein Motorrad nähert, schon duckt sie sich unter einem parkenden Auto. Dann verliere ich sie aus den Augen.

Die nächtlichen Katzen von Berlin sind aber nicht die einzigen Tiere der Dunkelheit. In der Nähe von Parks kann man oft Füchse beobachten, ich bin ihnen z.B. schon am Rathaus Schöneberg, in der Müllerstraße und am Potsdamer Platz begegnet. Selbst Igel trauen sich nachts auf die Fahrbahn, mit ungewissem Ausgang.
Da sind die Vögel auf den Bäumen sicherer, die ihre Nachtruhe gegen drei, vier Uhr beenden und sich lautstark bemerkbar machen. Das frühe Gezwitscher zeigt mir das nahe Ende meiner Nachtschicht an. Es ist schön, so nach Hause verabschiedet zu werden.

print

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*