Biedermann for President

Nach dem un­rühm­lichen Abgang Horst Köhlers vom Amt des Bundespräsidenten gingen die Spekulationen über seine Nachfolge sofort los. Relativ klar war, dass ein Kandidat der Regierungsparteien CDU-CSU-FDP gewinnen wird, einfach weil sie in der Bundesversammlung eine gute Mehrheit haben. Als Voraussetzung nannten mehrere Bundespolitiker, dass es diesmal wieder jemand aus der „aktiven Politik“ werden soll. Den Fehler, den sie mit Köhler gemacht haben, wollten sie nicht nochmal wiederholen. Der ist zwar CDU-Mitglied, hatte ansonsten aber wenig Neigungen, der eigenen Partei weiter entgegenzukommen als den anderen. Schon in seiner ersten Amtszeit galt er als schwierig. Dass er trotzdem nochmal gewählt wurde, lag wohl vor allem daran, dass die CDU damit einen relativ sicheren Kandidaten hatten, andere wären eventuell gegen Gesine Schwan gescheitert, die von der SPD aufgestellt worden war.

Nun also eine neue Wahl. Wolfgang Schäuble war zwar der erste Kandidat, aber die ersten sind auch nur dazu da, um die Diskussion in Gang zu bringen, nicht um gewählt zu werden. Es war also klar: Der wird’s nicht.
Nicht wirklich überraschend war, dass die CSU ihren einstigen Regierungschef Edmund Stoibäääähr ins Rennen schickte. Sie haben sicher auch nicht daran geglaubt, dass den irgendjemand wählen würde, der nicht aus Bayern und von der CSU ist. Also war auch das nur eine Pappfigur zum Abschießen.
Dann wurde eine Nebelkerze gezündet: Zensursula von der Leyen wäre angeblich die Kandidatin der Herzen, jedenfalls die von Angela Merkel. Ob das nur eine Ablenkung war oder Merkel sich nicht durchsetzen konnte, ist unklar. Die ARD berichtete, der niedersächsische Minsterpräsident Christian Wulff habe gegen Von der Leyen Front gemacht und dabei auch mehrere andere Länderchefs gegen sie organisiert. Gegenüber Merkel soll er sich dann selbst als Kandidat angeboten haben. Wenn das so stimmt, zeigt er wenigstens schon sehr früh, wie er die „Würde des Amtes“ sieht – nämlich als Selbstbedienungsladen.
Zensursulas viele Kinder werden also voraussichtlich nicht auf dem schönen großen Rasen vor dem Schloss Bellevue spielen können. Merkel gab nämlich am Abend bekannt, dass auch die CSU und die FDP die Kandidatur Wulffs unterstützen.
Mein Favorit, Heiner Geisler, ist leider von niemandem nominiert worden. Vor dem haben sie alle Schiss.

Neben den Koalitionsparteien gibt es aber noch die Opposition. SPD und Grüne würden gerne den Ex-Chef der Stasi-Unterlagenbehörde, Joachim Gauck, ins Rennen schicken. Aber er wird etwa genauso wenig Chancen haben, wie einst Gesine Schwan. Dass die Linkspartei Gauck nicht mittragen würde, war schon klar, bevor sie es selbst mitgeteilt hat. Jemand der führenden Genossen immer wieder ihre Stasiverstrickungen vorgehalten hat, will man natürlich nicht unterstützen. Welchen eigenen Kandidaten sie stattdessen aufstellt, ist noch nicht klar. Nachdem es letztes Mal der Schauspieler Peter Sodann war, kommen diesmal vielleicht Frau Elster, Schnatterinchen oder Pittiplatsch zum Zuge. Es sind alles Ossies und die beiden ersten sogar weiblich. So wie Merkel. Vielleicht nutzt das ja was.

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4 Kommentare

  1. Nach der Spiegel-Liste hat Wulff mit 897 Stimmen = 1,77% ein grandioses Ergebnis erhalten. Im Gegensatz dazu hatten die SED-Führer damals nur 98,23 Prozent. Welch ein Sieg der Demokratie.

  2. Ich plädiere eigentlich schon seit Jahren dafür, daß der Bundespräsident vom Volke gewählt werden sollte.

    Warum haben wir, wenn er uns denn schon repräsentieren soll, keinerlei Mitspracherecht dabei, wer unser Bundespräsident wird?

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