Anfänge der alliierten Geheimdienste

Im Nachhinein betrachtet existiert über die Geheimdienstarbeit der Alliierten im gerade eben besiegten und besetzten Berlin oft ein falsches Bild. Direkt nach dem Krieg hatten CIA & Co. noch lange nicht die Bedeutung wie in den 50er Jahren und danach. Teilweise existierten sie noch nicht mal. Im Mittelpunkt stand erstmal das Militär, das zum Teil eigene Organisationen unterhielt, um an Informationen über „den Feind“ zu kommen – und selbst dieser Feind wechselte. Gleich am Anfang, im Frühjahr 1945, versuchten die Alliierten noch, mehr über die Strukturen der Nazis zu erfahren. Besonders fähige Wissenschaftler sollten gefunden und in das eigene Land gebracht werden, freiwillig oder unter Zwang. Man suchte nach Kriegsdokumenten und Bauplänen technischer Anlagen, die dann der eigenen Wirtschaft zur Verfügung gestellt wurden. Vor allem die Briten schöpften viel Wissen über die deutsche Militärtechnik ab.
Mit dem beginnenden Kalten Krieg legten die Nachrichtendienste ihren Schwerpunkt in Berlin auf die Ausforschung der jeweils gegnerischen Seite. Es hatte sich gezeigt, dass keine nennenswerten Nazistrukturen herübergerettet wurden, die wenigen verbliebenen „Wehrwolf“-Grüppchen stellten kein größeres Problem dar. So konzentrierten sich Ost gegen West und umgekehrt.

Schon 1945 existierte ja im ebenfalls besetzten Wien eine wahre Spionagehochburg. Wie Berlin war die Stadt unter den Alliierten aufgeteilt, die Innenstadt wurde von allen gemeinsam verwaltet. So war es für „die Dienste“ recht einfach, sich gegenseitig Agenten abzujagen, zu verschleppen oder zu ermorden. Das gleiche Spiel begann nun in Berlin. Vor allem mit der Schaffung der politischen Blöcke, die in dieser Stadt unmittelbar aneinander stießen, war Berlin für Kalte Krieger das ideale Terrain. Trotzdem blieb Wien auch nach dem Ende der Besetzung 1955 noch vier Jahrzehnte vermutlich die Stadt mit der zweithöchsten Agentenzahl der Welt – gleich nach Berlin.

KGB
Am unübersichtlichsten war wohl die Struktur der sowjetischen Geheimen. Mehrere Organisationen waren schon mit der Roten Armee ins Land gekommen, doch deren Aufgabenbereiche waren anfangs nicht klar definiert und getrennt. Es gab starke Rivalitäten, NKGB („Volkskommissariat für Staatssicherheit“), KI („Komitee für Information“) und MGB („Ministerium für Staatssicherheit“) bekämpften sich. Und mittendrin gab es noch den „Generalstab der sowjetischen Streitkräfte“ (GRU). Die russischen Zuständigkeiten waren so verworren, dass die westlichen Geheimdienste in den ersten Jahren so gut wie keine verlässlichen Informationen darüber hatten. Mit der Gründung des KGB („Komitee für Staatssicherheit“) 1954 wurden die Zuständigkeiten der russischen Spionagedienste zusammengefasst und vereinheitlicht.
Da die Rote Armee als Erstes in Berlin war, konnte sie sich die für sie interessantesten Objekte aussuchen. So zogen die Agenten in die einstige Pionierschule der Wehrmacht in Karlshorst. Dort saß dann nach seiner Gründung auch der KGB mit mehreren hundert Leuten bis zum Abzug der Sowjets Anfang der 90er Jahre. Und auch in der Botschaft Unter den Linden hatte der Geheimdienst einen Sitz. So wie sicher sein Nachfolger noch heute.

CIA
Hauptgegner des KGB war die US-amerikanische CIA („Zentrale Nachrichtenagentur“), aber auch sie kam erst später. 1945 gab es zwar noch das OSS („Büro für strategische Dienste“), das aber nach dem Krieg aufgelöst wurde. Die Spionage- und Abwehrabteilungen existiert jedoch weiter, erst als Teil des Kriegsministerium, dann in der neu geschaffenen „Zentralen Nachrichtengruppe“ (CIG). 1947 folgte die Gründung der CIA, die dann in Berlin den stärksten Dienst der Westalliierten aufbauten.
Anfangs gab es wenig Erfolge, wesentliche Informationen über die sowjetischen Aktivitäten waren Fehlanzeige. Ein Manko der heutigen CIA begann damals: Die Beschaffung von Nachrichten durch Bezahlung von Informanten. Ein Großteil der in den 40er Jahren gekauften „Erkenntnisse“ waren Fantasieprodukte. Bis heute hat sich diese Praxis der CIA nicht grundlegend geändert.
Obwohl der Hauptgegner schon ab 1945 die Sowjetunion war, gab es in Berlin erst zwei Jahre später den ersten amerikanischen Agenten, der überhaupt russisch sprach. Die CIA residierte in den ersten Jahren im Zehlendorfer Föhrenweg und zog in den 50ern auf das Gelände des US-Konsulats in der Clayallee.

SIS
Engster Verbündeter der CIA war der britische Geheimdienst SIS („Geheimer Nachrichtendienst“), der auch unter dem Namen MI6 bekannt ist. Er war auch der Erfahrenste, existierte er doch schon seit 1909. Der in den Spandauer Kasernen ansässige SIS arbeitet in allen Bereichen eng mit der CIA zusammen. Es gab eine gemeinsame Abwerbung von Wissenschaftlern aus Ostdeutschland, eine gemeinsame Auswertung von Informationen und sogar gemeinsame Kommandoaktionen.

SDECE
Der französische SR („Nachrichtendienst“) entstand zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und arbeitete während der deutschen Besatzung teilweise im Untergrund weiter. Ab Kriegsende gehörte er zur Armee. 1946 jedoch wurde der „Auslands- und Gegenspionagedienst“ (SDECE) gegründet, der direkt dem Ministerpräsidenten unterstellt war. Er hatte eine kleine Dependance in Frohnau, in der Cité Foch und zog später in die Kaserne Quartier Napoléon. Der SDECE stand etwas abseits von CIA und SIS. Dafür gab es im Laufe der Jahre eine immer engere Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst, vor allem nach der Umstrukturierung und Umbenennung in DGSE („Generaldirektion für äußere Sicherheit“).

Insgesamt waren die Anfänge der Geheimdienste in Berlin 1945 viel weniger professionell, als allgemein bekannt.Durch die Zahlung von Geld an die Informanten bekam die CIA viele falsche Erkenntnisse. Doch bei den Russen lief es auch nicht besser. Zu Lebzeiten Josef Stalins gingen fast nur positive Meldungen nach Moskau. Niemand traute sich, auch über Rückschläge zu berichten, wie die massenweise Abwerbung von deutschen Militärexperten und Wissenschaftlern. Andererseits entging den westlichen Diensten die Vorbereitungen zur Blockade 1948 oder des Mauerbaus 1961.
Erst im Laufe der 70er Jahre, als die offene militärische Konfrontation einer relativen politischen Entspannung wich, festigten sich auch die Geheimdienste. Sie bauten ihre Bereiche auf, warben Spitzel an, errichteten Abhöranlagen und unterstützten schließlich in ihren Sektoren auch die deutschen Dienste, den Verfassungsschutz und die Staatssicherheit.

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