Lüge und Wahrheit

Politikern glaubt man nicht. Das ist nicht erst seit dem Plagiator Karl-Theodor so, auch andere haben vor ihm schon so manchen Meilenstein gesetzt. Adolf Hitler hielt mit seinem „Ab 5.45 Uhr wird zurückgeschossen“ die Eröffnungsrede. Dann wurden einige Jahre überhaupt keine wahren Dinge mehr gesagt, womit aber der Zusammenbruch des Dutzendjährigen Reichs auch nicht verhindert werden konnte.
Nach dem Krieg ging es weiter. Von Walter Ulbricht („Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“) und FJS, der abstritt, für die Spiegel-Affäre verantwortlich zu sein, über Uwe Barschel („Ich wiederhole: Mein Ehrenwort!“) bis zu Kohl, der sich im Skandal einer Parteienfinanzierung durch den Industriellen Flick „an nichts erinnern“ konnte.
Genauso schlimm die unzähligen Lügen vor Wahlen, in denen sich die Herrschaften beim Wahlvolk einschleimen, um dann nach dem Sieg das Gegenteil zu tun. Wie oft haben wir schon das Rumgeeiere gehört, dass man ja wolle, aber leider, leider, die Verhältnisse das doch nicht zulassen würden. Vor der Wahl wäre das so noch nicht absehbar gewesen. Und immer so weiter.
Es ist auch völlig unerheblich, welcher Partei die Lügner angehören. Zwar geben sich die Christdemokraten besondere Mühe, den vorderen Platz zu verteidigen, doch auch der SPD, den Linken und Grünen ist die Wahrheit nichts Heiliges. Und was die FDP betrifft – nun ja1.

Aber was ist die Konsequenz? Werden etwa diejenigen bei der kommenden Wahl abgestraft, die der Unwahrheit überführt wurden? Nein. Jemand wie Helmut Kohl, der das Lügen zu einer Selbstverständlichkeit perfektioniert hat, wurde sogar mehrmals wiedergewählt.
Doch das täuscht. Gewählt werden diese Leute selbst dann noch, wenn nur fünf Prozent der Bürger zur Abstimmung gehen. Nicht die Menge der teilnehmenden Wähler entscheidet, sondern die Prozentzahl der Teilnehmer. Aber innerhalb der Bevölkerung wächst der Frust darüber, dass man „denen“ nicht trauen kann. Immer weniger Menschen gehen deshalb zur Wahl, denn letztendlich weiß man sowieso nicht, was die Kandidaten machen, wenn sie erstmal an der Regierung sind. Natürlich: Wenn die bereits Regierenden plötzlich versprechen, künftig alles viel besser zumachen als bisher, könnte man auf die Idee kommen, dass sie nicht die Wahrheit sagen. Schließlich hatten sie ihre Chance. Trotzdem werden sie oft wiedergewählt, und sei es nur als kleineres Übel.

Das Ergebnis ist, dass die Demokratie immer mehr zu einer Farce wird. Zwar ist sie das in Deutschland strukturell sowieso, weil hier nur indirekt gewählt werden kann. Doch mit jeder Lüge eines Politikers und in der Folge mit jedem neuen Nichtwähler, wird auch die hochgelobte parlamentarische Demokratie ein Stückchen zurück gedrängt. Am Ende profitieren diejenigen davon, die von Demokratie am wenigsten halten: Extremisten wie die NPD. Nicht dass diese nicht auch lügen würden, aber sie stellen sicher für Manche eine Alternative zu den bürgerlichen Parteien dar. Doch da ist mir ein lügender Sozialdemokrat noch lieber als ein ehrlicher Faschist.

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  1. Mantel des Schweigens []

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