BVG-Streik

„Da freuen sich aber die Taxifahrer über den BVG-Streik“. Das war heute Nacht der Tenor bei fast allen Fahrgästen. Na ja, wenigstens bei denen, die nach 21 Uhr gefahren sind. Die die vorher in meinem Wagen saßen waren froh, überhaupt von der Stelle zu kommen. Meine Vorbestellung um 19 Uhr von der Neuen Kantstraße wollte zum Schlüterhof, Fahrzeit normalerweise um die 20 Minuten. Zu diesem Zeitpunkt waren wir noch immer in Charlottenburg. Trotz Nebenstraßen fahren und kleiner Tricks brauchten wir genau eine Stunde, bis wir Unter den Linden ankamen. Nix mit paradiesischen Zuständen.
Klar, der BVG-Streik beschert uns mehr Fahrgäste. Dazu ist noch die ITB, das ist nicht schlecht. Aber doppelte oder dreifache Umsätze, das gibt es dann doch nicht. Dafür ist es extrem nervig. Als mich gegen 18 Uhr am Zoo eine Dame winkte, stieg plötzlich eine andere Frau ins Auto. Die Winkerin versuchte sie herauszuzerren und brüllte: „Das ist mein Taxi!“ und zog an ihrem Arm. Es entwickelte sich ein Handgemenge bis ich nach hinten schrie: „Raus, alle beide!“ Die Frau stieg auch aus und schlug die Tür zu, ich gab Gas und war froh, die Furien los zu sein. Es sollte aber nicht die letzte Erfahrung von Aggressivität sein. Im Stau werden manche Autofahrer zu egoistischen Monstern, lassen niemanden in die Spur, drängeln, hupen und kommen doch nicht schneller vorwärts. Am Ernst-Reuter-Platz war das Chaos perfekt, hier hatten sich die vielen Autos so ineinander verkeilt, dass es gar nicht mehr weiter ging. Durch das geschlossene Fenster hörte ich das Brüllen einiger Männer: „Fotze! Arschloch“, es war ätzend. Dabei war der Weg in die Hardenbergstraße frei, mein Fahrgast und ich waren froh, dem Horror entkommen zu sein.
Gestern Abend hat sich wieder einmal gezeigt, dass in dieser Stadt sehr viele Verrückte herumlaufen und fahren. Sowie es Stress gibt, einen Ausnahmezustand wie diesen Streik, kann es gefährlich werden, wenn man ihnen über den Weg läuft. Wahrscheinlich sind das die gleichen, die in den vergangenen Tagen Fahrgäste und Busfahrer angegriffen und teilweise schwer verletzt haben. Jetzt, wo die BVG streikt, haben sie sich in ihre Autos zurückgezogen und verbreiten ihren Terror auf der Straße.

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1 Kommentar

  1. Einfach herrlich beschrieben die Situation, mal aus einer anderen Sicht. Danke dafür, hoffe mehr zu lesen in den kommenden Tagen.
    Ich sitze derweil zu Hause und „geniesse“ meinen kurzfristigen Urlaub, naja wenn man vom Genuss sprechen kann, wenn man a) den Streik und b) das schlechte Wetter bedenkt ;)
    Also, in diesem Sinne, schöne Grüsse aus Charlottenburg!

    Alice

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