Somalia – Norwegen 1:0

In den vergan­ge­nen Tagen ist in den Medien wieder mal zu beobachten, wie Katastrophen gewichtet werden. Nach dem Doppelanschlag mit 76 Todesopfern erschienen in meiner Lieblings-Tageszeitung mittlerweile 13 Seiten nur zu diesem Thema. Im Fernsehen gibt es Sondersendungen, große Online-Magazine haben eigene Rubriken zum Terror in Norwegen eingerichtet.
Zu den „weiteren Nachrichten“ gehören der Volksentscheid zu Stuttgart 21, Manuel Neuer als Torwart bei Bayern München sowie die Hungerkatastrophe in Somalia. Aber seien wir ehrlich: Wen interessiert schon Ostafrika? Dass es dort innerhalb der letzten Wochen zu Zehntausenden Toten gekommen ist und das Schlimmste den Menschen noch bevorsteht, das ist hier bei uns kaum ein Thema.

Ausführlich schreiben die Medien über den Rassisten von Oslo, seinen Lebenslauf, seine Website, seinen Bauernhof, seine Idee, wir tauchen förmlich ein in sein Leben. Dabei ist diese Berichterstattung genauso rassistisch wie er selbst. Zwar bomben die Medien nicht mit Sprengstoff, dafür aber mit ihrem Schweigen.
Hunderttausende Opfer in Afrika werden als weniger wichtig hingestellt, als die Toten von Oslo und Utøya. Wo bleiben die Sonderberichte aus Mogadishu und Nairobi? Wo die Aufrufe, Blumen an der Botschaft niederzulegen? Wo die Kondolenzbücher?
Und sage niemand, nur die Entfernung wäre der Unterschied. Als es 2001 die Anschläge in den USA gab, wurde hier auch das große Rad gedreht. Es geht ganz offensicht darum, dass  die blonden Norweger mehr wert sind, als die schwarzen Afrikaner.

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4 Kommentare

  1. ..Wunderbarer Artikel. Einfach auf den Punkt gebracht. In Afrika werden die Rohstoffe geplündert, den Kontinent läßt man vor die Hunde gehen.

  2. Ich glaub nicht, dass das mit der Hautfarbe der Menschen zu tun hat. Es liegt eher daran, dass Hungersnöte in Afrika einfach nichts besonderes sind, so traurig das auch ist.
    Außerdem ist ein Amokläufer einfach interessanter als verhungernde Menschen. In Wirklichkeit will man doch nur unterhalten werden, wenn man Zeitung liest. Es gibt ja auch keine spannenden Actionfilme über Hunger.

  3. Diese Katastrophe wird nicht als solche gesehen, weil dort weder Tourismus noch Öl eine Rolle spielt.
    Nachdem man 1991 mit maßgeblicher amerikanischer Hilfe den existierenden Staat (Siad Barre) beseitigt hatte (der große Bruder UdSSR existierte ja nicht mehr), wurde dort seitens des Westens (und des Nachbarn Äthiopien) alles getan, dass das land kaputt geht. Hinzu kommen offenbar flächendeckende Wirkungen des Klimawechsels hinzu.
    Das wird nicht das letzte Hungergebiet bleiben. In Afrika werden verbleibende fruchtbare Landschaften durch Fonds „aufgekauft“ (d.h. in der Regel den Kleinbauern geraubt) um dort lukrative Bio-Energie Produkte anzubauen und dadurch noch funktionierende gesellschaftliche Strukturen zu zerstören.
    Übrigens: Die EU hat mal eben 227 Mio. für die europäischen Gemüsebauern spendiert, um die Umsatzausfälle wegen der EHEC-„Epedemie“, die ca. 200 Todesopfer forderte, also etwas über 1 Mio. je Todesfall, etwa 20.000 sterben jährlich an Grippe, etwa 200.000 an Klinik-Infektionen.
    Die Medien sind leider taub und blind, oder einfach Huren.

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