Die Geschichte Berlins

Berlin: Hauptstadt und größte Stadt Deutschlands; an der Spree; 891 km², 3,4 Mio. Einwohner; Erzbischofssitz seit 1994.
1920 wurden sieben Städte (Charlottenburg, Spandau, Wilmersdorf, Schöneberg, Neukölln, Köpenick, Lichtenberg), 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke eingemeindet; es entstand Groß-Berlin.
Aufgrund der nach dem 2. Weltkrieg entstandenen Situation war Berlin bis 1990 eine politisch, administrativ und wirtschaftlich gespaltene Stadt.
1991 erklärte der Deutsche Bundestag Berlin zum Parlaments- und Regierungssitz; der Umzug erfolgte 1999.

Nach der Verfassung von 1995 ist Berlin deutsche Hauptstadt und zugleich ein deutsches Bundesland. Die Volksvertretung ist das Abgeordnetenhaus; die Landesregierung ist der Senat mit dem Regierenden Bürgermeister. Berlin ist in zwölf Bezirke gegliedert (bis zur Bezirksreform Ende 2000 waren es 23 Bezirke). Ihre Organe sind die Bezirksverordneten-Versammlungen und die Bezirksämter, geleitet von Bezirksbürgermeistern.

Entwicklung der Stadt

Das historische Stadtzentrum liegt im ehemaligen Ostsektor. Es erstreckt sich vom Brandenburger Tor, dem Wahrzeichen Berlins (erbaut 1788-1791), bis zum Alexanderplatz. In diesem Bereich befinden sich die meisten historischen Bauwerke. Das barocke Stadtschloss (1698-1713), einst Mittelpunkt Berlins, das im 2. Weltkrieg schwere, aber nicht irreparable Schäden erlitten hatte, wurde auf Weisung der DDR-Regierung 1950 abgerissen. An seiner Stelle steht der monumentale Palast der Republik (1973-1976); er musste 1990 wegen Asbestverseuchung geschlossen werden. Davor liegt der weite Schlossplatz, der als Marx-Engels-Platz vom SED-Regime für Massen-Aufmärsche genutzt wurde. Von hier führt in westlicher Richtung bis zum Brandenburger Tor die berühmteste Straße Berlins, Unter den Linden, mit zahlreichen barocken und klassizistischen Bauten, u.a. Zeughaus (1695 bis 1706), Neue Wache (1817/18), Kronprinzenpalais (1732), Prinzessinnenpalais (1733 bis 1737), Staatsoper (1741-1743), St.-Hedwigs-Kathedrale (1747-1773), Alte Bibliothek (1774-1780), Prinz-Heinrich-Palais (1741-1743, seit 1810 Universität). Am westlichen Rand des Stadtzentrums, außerhalb des Brandenburger Tors, steht das Reichstagsgebäude (1884-1894), das inzwischen umfangreich renoviert wurde (Glaskuppel von Norman Foster) und seit 1999 Sitz des Deutschen Bundestags ist. Gegenüber das neue Bundeskanzleramt und nebenan weitere Regierungsbauten.
Ein geschlossenes Ensemble bilden der Deutsche und der Französische Dom (1701-1708) und das Konzerthaus, ehem. Schauspielhaus (1818-1821) am Gendarmenmarkt. Östlich vom Schlossplatz stehen die aus dem 13. Jahrhundert stammenden ältesten Kirchen Berlins, die Nikolai- und die Marienkirche, sowie das Rote Rathaus (1861-1869), seit 1991 wieder Sitz des Senats.
In der Zeit der DDR sind im Stadtzentrum zahlreiche Neubauten entstanden, z.B. das Staatsrats-Gebäude, die sowjetische Botschaft, der Fernsehturm am Alexanderplatz (mit 365 m höchstes Bauwerk Berlins) sowie Hotels und Geschäftshäuser. Die ehemaligen Regierungsgebäude werden jetzt von Bundesdienststellen genutzt.
Außerhalb des historischen Zentrums erinnern mehrere Schlösser an die Zeit der Hohenzollern-Monarchie: Schloss Bellevue (1785/86, jetzt Berliner Amtssitz des Bundespräsidenten), Schloss Charlottenburg (1695-1791), Schloss Kleinglienicke (1825 bis 1828), Jagdschloss Grunewald (1669 bis 1707), Schloss Köpenick (1677-1681), ferner die Zitadelle von Spandau (1560-1594).

Eine zweite, westliche City hat sich schon in den 1920er Jahren im Viertel um den Zoo mit Kurfürstendamm und Tauentzienstraße entwickelt. In der Zeit der Teilung gewann sie große Bedeutung als städtischer Zentralbereich von Westberlin. Allerdings ist sie in erster Linie Geschäfts- und Vergnügungs-Zentrum ohne wesentliche administrative Funktionen geblieben (der Sitz des Senats war während der Teilung das Rathaus des Bezirks Schöneberg.) Im Mittelpunkt des Zoo-Viertels steht die Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (1891-1895, mit Neubau von 1959-1961); sie ist zu einem weiteren Wahrzeichen von Berlin geworden.

In der Zeit des raschen Bevölkerungswachstums im 19. Jahrhundert entstanden rings um die Innenstadt, besonders im Osten und Norden, ausgedehnte Arbeiterviertel mit sehr dichter Bebauung. Beim Wiederaufbau nach 1945 (über 40% aller Wohnungen waren zerstört) konnten die Wohnverhältnisse größtenteils verbessert werden. Neue Wohngebiete entstanden im westlichen Teil, z.B. in den Bezirken Neukölln (Gropiusstadt), Reinickendorf (Märkisches Viertel) und Spandau (Falkenhagener Feld); im östlichen Teil in den neuen Bezirken Marzahn, Hellersdorf und Hohenschönhausen.

Freizeit, Bildung, Wirtschaft

Berlin besitzt zahlreiche Parkanlagen; die bekanntesten sind der Tiergarten und der Treptower Park mit dem sowjetischen Ehrenmal (1946-1949). Zum Stadtgebiet gehören ausgedehnte Wälder und Seen. Im Westen gibt es die Havel sowie eine Seenkette, die den Grunewald durchzieht. Dort befindet sich der aus Trümmerschutt aufgeschüttete Teufelsberg, mit 115 m die höchste Erhebung Berlins (zusammen mit den gleich hohen Müggelbergen). Die liegen im Südosten mit dem angrenzenden größten Berliner See, dem Müggelsee (746 ha). Über 6% der Fläche Berlins werden land- und gartenwirtschaftlich genutzt.

Die bedeutendsten Bildungseinrichtungen Berlins sind die Humboldt-Universität (gegründet 1810), die Freie Universität (gegründet 1948 im Westteil als Reaktion auf die kommunistische Hochschulpolitik) und die Technische Universität (gegründet 1879). Daneben bestehen zahlreiche weitere Hoch- und Fachschulen sowie wissenschaftliche Institute. Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (gegründet 1992) knüpft an die Tradition der Preußischen Akademie der Wissenschaften (gegründet 1700) an. Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Künste (gegründet 1993) entstand durch Verschmelzung der Kunstakademien in West- und Ost-Berlin. Die Bestände der preußischen staatlichen Museen, Bibliotheken und Archive wurden durch Auslagerung im 2. Weltkrieg auseinander gerissen. Die alten staatlichen Museen sind im Ostteil auf der Museumsinsel konzentriert (Altes Museum, Neues Museum, Nationalgalerie, Pergamon-Museum, Bode-Museum). Die im Westen befindlichen Bestände wurden 1957 in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zusammengefasst; bedeutende Museumskomplexe befinden sich am Kemperplatz (Kulturforum), in Dahlem und im Schloss Charlottenburg. Neben die Deutsche (ehem. Preußische) Staatsbibliothek im Ostteil ist die Staatsbibliothek im Westteil getreten. Alle diese Einrichtungen gehören jetzt zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

Wichtige Theater sind im Westen: Deutsche Oper Berlin, Schillertheater (Spielbetrieb 1993 eingestellt), Freie Volksbühne, Schaubühne am Lehniner Platz, Theater am Kurfürstendamm, Komödie, Hebbel-Theater, Renaissance-Theater. Im Osten: Deutsche Staatsoper, Komische Oper, Deutsches Theater, Berliner Ensemble (1949-1956 von B. Brecht geleitet). Weltruf genießt das Berliner Philharmonische Orchester (1954 bis 1989 von H. von Karajan geleitet). Berlin ist Sitz mehrerer Rundfunk- und Fernsehanstalten. Auch hier machte die Wiedervereinigung neue Organisationsformen erforderlich.

Wirtschaftlich ist Berlin die größte und vielseitigste Industriestadt Deutschlands, vor allem für Elektrotechnik, Maschinen, Bekleidung, optische und chemische Erzeugnisse, Fahrzeugbau, Möbel, Papier, Nahrungs- und Genussmittel. Grafisches Gewerbe und Verlagswesen sind ebenfalls stark vertreten. Das große Ausstellungsgelände am Funkturm macht Berlin zu einer der führenden deutschen Messestädte (Internationale Grüne Woche, Internationale Funkausstellung, Internationale Tourismus-Börse).

Geschichte

Als ehemaliger Brückenort an der Spree entwickelte sich Berlin im Lauf der Geschichte zum Sammelpunkt wichtiger Handelsstraßen und wurde der Verkehrsmittelpunkt insbesondere des nord- und mitteldeutschen Raums. Im Zentrum des märkischen Wasserstraßennetzes zwischen Elbe und Oder wurde Berlin zu einem bedeutenden Binnenhafen. Die Flughäfen Tempelhof und Tegel sowie Schönefeld im Osten von Berlin machen die Stadt auch zu einem Luftverkehrszentrum. Der Abwicklung des innerstädtischen Verkehrs dient ein gut ausgebautes Netz von Schnell-, Hoch-, U-Bahnen und Buslinien. 1961-1989 waren durch die Berliner Mauer die Verkehrsverbindungen zwischen beiden Teilen der Stadt bis auf wenige Übergänge unterbrochen. Die Zusammenführung der getrennten Verkehrsnetze ist abgeschlossen.

Berlin (urkundlich erstmals 1244 erwähnt) und Cölln (1237) entwickelten sich zu einer Doppelstadt, die, führend im Märkischen Städtebund (1308), später Mitglied der Hanse, 1432 erstmals einen gemeinsamen Rat bildete. Berlin war seit Kurfürst Johann Cicero (1455-1499) ständige Residenz und Hauptstadt von Kurbrandenburg. Die Stadt nahm unter Friedrich Wilhelm I., dem Großen Kurfürsten, einen kräftigen Aufschwung (beginnende Industrialisierung; Hugenotten-Einwanderung). König Friedrich I. verfügte 1709 die endgültige Vereinigung mit Cölln. Der Ausbau der Industrie wie die Förderung der Akademien der Künste (gegründet 1696) und der Wissenschaften (1700) unter König Friedrich Wilhelm I. und Friedrich dem Großen sowie die Gründung der Universität (1810) machten die Stadt nicht nur zu einem wirtschaftlichen, sondern auch zu einem geistig-kulturellen Zentrum. 1871-1945 war Berlin Hauptstadt des Deutschen Reichs. Durch zahlreiche Eingemeindungen entstand 1920 Groß-Berlin.

Im 2. Weltkrieg erlitt Berlin schwere Zerstörungen. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Siegermächten (USA, Großbritannien, Frankreich, UdSSR) wurde es von diesen gemeinsam besetzt und verwaltet. Unter der alliierten Kommandantur amtierte eine deutsche Stadtverwaltung. Angesichts der zunehmenden Differenzen zwischen den Siegermächten erwies sich die gemeinsame Verwaltung Berlins als undurchführbar. 1948 kam es zur politischen und administrativen Spaltung der Stadt in West-Berlin (amerikanischer, britischer und französischer Sektor) und Ost-Berlin (sowjetischer Sektor). Ost-Berlin wurde 1949 zur Hauptstadt der DDR erklärt. In der Folge unternahmen die Sowjetunion und die DDR immer wieder Versuche, den Status von West-Berlin durch wirtschaftlichen und politischen Druck auszuhöhlen und die Stadt von der Bundesrepublik Deutschland zu trennen. Demgegenüber gaben die Westmächte mehrfach Garantien für West-Berlin ab und hielten am Viermächte-Status für Gesamt-Berlin fest. Die offene Sektorengrenze zwischen Ost-Berlin und West-Berlin, die zahlreichen DDR-Bewohnern die Flucht nach Westen ermöglicht hatte, wurde 1961 von den DDR-Behörden durch den Bau der Berliner Mauer abgeriegelt, die zu einer tief gestaffelten Grenzbefestigung ausgebaut wurde. In westöstlicher Richtung waren die wenigen Mauerdurchgänge zunächst nur für ausländische und bundesdeutsche Besucher mit Tagesaufenthalts-Genehmigungen passierbar. Einen bedeutenden Schritt zur Normalisierung brachte das Viermächte-Abkommen über Berlin vom 3. September 1971 (in Kraft seit 3. Juni 1972). Es ermöglichte u.a. innerdeutsche Vereinbarungen über den Transitverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin sowie über die Einreise von Westberlinern nach Ost-Berlin und in die DDR.

Durch die 1989 einsetzenden revolutionären Veränderungen in der DDR kam es 1990 zum Abbau der Berliner Mauer und zur Wiedervereinigung Berlins. Nach Gesamtberliner freien Wahlen trat am 11. Januar 1991 die seit 1950 in West-Berlin geltende Verfassung für ganz Berlin in Kraft. Am 20. Juni 1991 erklärte der Deutsche Bundestag Berlin zum Parlaments- und Regierungssitz. 1992 wurde ein „Hauptstadtvertrag“ zwischen Berlin und dem Bund geschlossen. 1995 stimmte die Bevölkerung in einem Referendum für einen Verfassungs-Neuentwurf, der im selben Jahr in Kraft trat.
Ein geplanter Zusammenschluss der Länder Berlin und Brandenburg kam nicht zustande, da er 1996 in Brandenburg in einer Volksabstimmung abgelehnt wurde. 1999 erfolgte der Umzug von Parlament und Regierung von Bonn nach Berlin.

[ Chronik Berlins ab 720 ]

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