Tod nach Zwangsräumung

Die 67-jährige Rosemarie Fließ ist vor einer Stunde in der Kälte-Nothilfe gestorben. Sie wurde am Dienstag aus ihrer Wohnung in der Aroser Allee in Reinickendorf zwangsgeräumt, rund 140 Polizisten sicherten die Aktion.
Ihre Miete wurde nicht bezahlt, weil es einen Fehler gab, vermutlich beim Amt für Grundsicherung. Damit war die schwerbehinderte Frau obdachlos.
Offenbar geht es nur noch um Profit. Mit hilfebedürftigen Menschen darf umgegangen werden, als wären sie nur Dreck. Im Moment schäme ich mich, Bürger dieses Landes zu sein.

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http://youtu.be/XakzIMgYObs

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9 Kommentare

  1. Moin, moin,
    ich möchte hier ein wenig bremsen. Bevor eine Zwangsräumung durchgeführt wird, sind meist schon deutlich mehr als 2 Monate keien Mieten bezahlt worden.
    Auf wen willst du hier böse sein? Auf irgendweine Behörde, deren Hilfe die Dame dauernd verweigert hat?
    Dem AMtsgericht, dass einem Hauseigentümer das Recht an seinem Eigentum zugesprochen hat?
    Ich erlebe in meinem beruflichen Alltag häufiger, dass Menschen durch alle Maschen des Netzes fallen, weil sie eben auch nicht bereit sind, sich auf gewisse Hilfen einzulassen.
    Mag natürlich auch sein, dass hier alles ganz anders ist und die Dame das Opfer von Behördenuntätigkeit und Unfähigkeit geworden ist.
    Aus der kurzen Nachricht lässt sich da aber nix ableiten. WArum aber 140 Polizisten nötig waren, um eine 70-jährige Frau zu räumen verstehe ich gar nicht. Was steckt denn da wieder hinter? Autonome, die hier mal wieder ein Anlass finden mit dem Sytem zu prügeln?
    Gruß Frank

  2. @Fastdäne
    Stimmt, sicher ist die Frau selber schuld. ..
    Nach den bisher bekannten Informationen haben die Ämter versagt und der werte Eigentümer hat sich einen Dreck darum geschert. Wenn die Frau sich dann Hilfe gesucht hat, zeigt ja wohl, dass sie sich sehr wohl gekümmert hat.
    Wenn Du bisher noch nicht an ignorante Behördenfuzzis geraten bist, denen Dein Leben scheißegal ist, dann hast Du Glück gehabt. Oder vielleicht warst Du auch stark genug, um Dich zu dagegen wehren.
    Rosemarie F. hatte dieses Glück jedenfalls nicht. Und für ihren Tod sind sehr wohl ganz konkrete Menschen verantwortlich.

  3. Hallo Gerdon, hallo Aro
    fehlende Info ist eigentlich genau mein Anliegen gewesen. Aus dem kurzen Artikel geht da nix hervor. Und glaubt mir, Mieteschulden und Umgang mit Jobcenter und staatlichen Sozialen Diensten sind mein berufliches tägliches Geschäft. Ich kann daher um so weniger verstehen, dass ein Behördenfehler zur Obdachlosigkeit führt. Denn, die Beseitigung derselben ist dann wiederum eine Behördenaufgabe im Rahmen der Gefahrenabwehr, die erfahrungsgemäß teurer ist als der Erhalt der bedrohten Wohnung.
    Wenn das hier alles anders war, dann kann man das als Leser aber nicht gleich erkennen.
    Ich habe auch nicht behauptet, die Dame sei selber Schuld! Ich habe nur gefragt, ob man das wirklich ausschließen kann.
    Und ja, ich kenne Behördenmitarbeiter/innen, die sind schwierig. Da kann ich aber für meine Klienten eben auch voll gegenhalten, wenn die Betroffenen es zulassen.
    Klar gibt es wahrscheinlich in „B“ Immobilienhaie, die nur auf einen Anlass warten, um das Haus legal zu entmieten, um zu sanieren (Luxusniveau) und höhere Rendite abzugreifen. Aber mal ehrlich, wären wir Eigentümer, würden wir auf Mieten verzichten wollen? Könnten wir auf Mieten verzichten?
    Das alles macht die Frau nicht lebendig, wenn Ihr mehr wisst, als in den kurzen Ausgangszeilen, dann kommt man wahrscheinlich auch zu anderen Schlüssen.
    Gruß Frank

  4. @Fastdäne
    Leider ist dieses Vorgehen, sowohl von Eigentümern als auch von Behördenseite, kein Einzelfall. Aus meinem Umfeld sind mir zwei weitere Schicksale bekannt, wo Fehler sowie Untätigkeit des Amts dafür verantwortlich waren, dass eine Familie und ein alter Mann ihre Wohnungen verloren haben. In dem einen Fall war ich selber zum Helfen mit beim Job-Center und habe die Ignoranz des Angestellten zu spüren bekommen. Für die sind hilfesuchende Menschen scheißegal. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass das Ausnahmen sind, sondern eher die Regel.
    Und dass sich diese feinen Leute nicht mal bei einer so alten Frau etwas Mühe geben, macht mich einfach nur fassungslos. Dafür gibt es auch keine Entschuldigung. Es ist fahrlässige Tötung, egal ob es juristisch so gesehen wird oder nicht.

  5. @gerdon: „informiere dich besser vorher, bevor du hier so einen Scheiß schreibst“

    Wie wäre es, wenn du ihn informierst, wenn du so genau Bescheid weisst? Oder reicht’s nur zum Pöbeln?

    @ado: „Stimmt, sicher ist die Frau selber schuld. ..“

    Nein das stimmt nicht und das hat auch niemand behauptet. Warum also jetzt diese plumpe Polemik?

  6. @Fastdäne
    140 Polizisten waren notwendig, weil diese Zwangsräumung, wie noch viele andere in Zukunft, versucht wurde von einer Initiative zu verhindern.
    Offensichtlich ist Dir die zunehmende Verschärfung der Lage nicht nur in Deutschland nicht aufgefallen.
    Und…ja, es geht gegen das System aus vielen sehr wichtigen humanen Aspekten heraus.
    Die Dame verfügte gar über ein Attest das Ihr die Unzumutbarkeit dieses Unternehmens bescheinigte.
    Sie sind wahrscheinlich noch jung und meinen man könne hier nicht durch’s Netz fallen, wenn man nur will…Wörter wie Resignation, Depression, Gentrifizierung und Vereinsamung, sind Ihnen ein Fremdwort…sie werden es noch kennenlernen, denn jetzt gehts erst richtig los mit der Verelendung, wie unsere Nachbarn in Griechenland, Spanien, Portugal… schon unter fast faschistischen Zuständen ertragen müßen.
    Ja…faschistisch, es werden Leute abgeholt, abgegriffen, gefoltert und gebrochen.
    Es ist höchste Zeit mal über den Tellerrand zu schauen und Initiative zu zeigen, wenn man eine humanistische, einer faschistischen Entwicklung vorzieht.
    Und ich meine damit nicht die bekloppten sogenannten Nazis die hier da und dort mal auftauchen in Grüppchen.

    Gruß Anluven

  7. Die Zwangsräumung entzog Rosemarie Fliess ihre Lebensgrundlage. Die Räumung wurde vollzogen, trotz eines ärztlichen Attests, welches ihr die Unzumutbarkeit einer Räumung bescheinigte. Damit wurde ihr Tod zumindest billigend in Kauf genommen. Die Eigentümerin bestand trotz Mietübernahmeerklärung des Sozialamtes auf Herausgabe der Wohnung.
    Rosemarie Fliess war Teil des Bündnisses Zwangsräumung verhindern. Sie erfuhr Unterstützung, z. B. in Form von Prostestkundgebungen bei ihren Räumungsterminen und nahm trotz ihres Gesundheitszustandes selbst an Aktionen, u.a. an der Blockade einer Zwangsräumung in der Reuterstraße am 2. April 2013 teil.
    Wir sind schockiert und fassungslos und trösten uns ein wenig damit, dass Rosemarie Fliess wenigstens zu ihrem Lebensende Solidarität erfahren hat, womit sie in den letzten Jahren sicherlich nicht reich beschenkt war.
    Wir fragen uns:
    In was für einer Gesellschaft leben wir, die Eigentumsrechte über den Schutz des Lebens stellt? Welche Verantwortung tragen Politiker, Richterinnen, Gerichtsvollzieher, Eigentümerinnen, Polizisten und auch Schlüsseldienste? Welche Schuld trägt ein Richter, der trotz eines ärztlichen Attest eine Zwangsräumung anordnet? Wer, wenn nicht Menschen, wie Rosemarie Fliess, genießt noch Räumungsschutz?
    Der letzte Zufluchtsort von Rosemarie Fliess, die Wärmestube „Wärme mit Herz“, soll am 19. April zwangsgeräumt werden.
    Am Freitag, den 12. April, um 18:00 findet eine Trauerkundgebung vor ihrem Zuhause in der Aroser Allee 92/Reinickendorf statt.

  8. Moin, moin, nochmals,
    mich lässt das Thema nicht los. Als Info: ich bin kein Greenhorn und habe dennoch den Glauben an unsere Demokratie und das Rechtssystem noch nicht völlig verloren. Bei allen verständlichen Emotionen bleibt mir die Frage/Bitte erlaubt, hier eine Tote nicht zu instrumentalisieren.
    Und nochmals, es ist nach einer, übrigens legalen, Zwangsräumung Aufgabe der Kommune die Betroffenen mit Obdach zu versorgen. (Gefahrenabwehrrecht!)
    Ich arbeite hier im Präventionsbereich. Glaubt mir, es ist erstaunlich, wie viele Hilfeangebote ich den Betroffenen machen muss, bis es zu Beratungsgesprächen kommt. Da läuft dann oft schon die fristlose Kündigung. Auch hier haben wir einen Vermietermarkt. Dennoch sind die meisten Vermieter froh, wenn der gekündigte Mieter bleiben kann und die Schulden beglichen werden.
    So eine Räumung mit vorherigem Gerichtsverfahren bedeutet zunächst nämlich viel Verlust für den Eigentümer, der das alles vorfinanzieren muss. 5-10 Tausend Euro sind da schnell weg. Bleibt der Mieter, zahlt er wieder pünktliche Mieten und seine Schulden in kleinen aber verlässlichen Raten ab ist das für den Eigentümer eigentlich erträglicher. Dies zu vermitteln macht einen Großteil meiner täglichen Arbeit aus. Und nochmals: immer häufiger ist das Gespräch mit den Mietschuldnern schwieriger als dann mit dem Vermieter. Und ja es gibt natürlich auch immer mal wieder einen Fall, da ist die bisherige Wohnung nicht zu retten. Dabei sind die Gründe vielfältig, meist aber ist es eine viel zu teure Miete oder viel zu große Wohnungen.
    Ich stelle gerne auch nochmals die Frage: Würden wir als Eigentümer wirklich auf Mieten verzichten wollen/können? Würden wir wirklich nicht auch versuchen, eine optimale Rendite zu erzielen?
    Deutschland ist und war die ein Sozialstaat. Das Sozialstaatspostulat kann ich zwar immer noch herleiten, den wirklichen Reichen geht das aber sicher am „Gesäß“ vorbei.
    Gruß Frank

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