Meine Eltern sind 1930 nach Berlin gekommen. Ich kam 1932 nach, noch als junges Mädchen. Wir hatten eine Wohnung in der Brunnenstraße 153, also zwischen der Rheinsberger und der Anklamer Straße.
Ein Jahr später übernahmen wir die Gaststätte nebenan in der Nummer 152, die hieß »Groß-Destillation Friedrich Tesky«. Im Keller standen große Weinfässer, damals gab es sowas noch. Dort wurde der Wein abgefüllt, der dann oben verkauft wurde. Heute ist das ja nicht mehr üblich. Aber es war kein Weinlokal, sondern eine Kneipe. Damals waren die Lokale ja ein Sammelpunkt für die Nachbarschaft, man verbrachte viel Zeit dort. Ich habe in dem Lokal bis zur Schließung gearbeitet.

1942 heiratete ich und zog auf die gegenüber liegende Straßenseite in die Brunnenstraße 38. Zu selben Zeit mussten wir die Gaststätte vorübergehend zumachen, da mein Vater in den Krieg musste. Bald nach dem Krieg, noch 1945, öffneten wir wieder. Als 1950 mein Vater starb, übernahm Mutter das Lokal und wir führten es gemeinsam. Die Kommunisten versuchten zu dieser Zeit, die privaten Gaststätten zu verstaatlichen. Mit immer neuen Verordnungen wurden wir schikaniert, zum Beispiel mussten wir so hohe Steuern zahlen, dass das Lokal nichts mehr zum Leben abwarf. Deshalb entschloss sich meine Mutter 1952 zur Schließung. Sie ging danach in den Westen.
Damals machte auch August Sass zu. Er hatte seinen Betrieb in der Brunnenstraße 37. »Sass Fuhrunternehmer« war bekannt für seine Hochzeits- und Totenkutschen. Daneben war die Drogerie Bumm, die hat aber noch bis 1990 aufgehabt.

Mein damaliger Mann Heinz hatte jedenfalls auf dem Hof der Brunnenstraße 153 die Schmiede seines Vaters übernommen, der die Werkstatt dort schon seit 1913 betrieb. Als mein Schwiegervater 1944 starb, wurde die Schmiede kurz geschlossen und ab Januar 1946 führte sie mein Mann weiter. Er starb 1976 und sein Bruder Willi baute sie zu einer Schlosserei um. Nach seinem Tod übernahm sie sein Sohn Gerd. Heute ist dort eine Autowerkstatt.
Übrigens lebte nebenan, ich glaube in der 154, der »Strohhut-Emil«, er war auch oft in unserem Lokal. Strohhut-Emil war bekannt in der Gegend. Früher war er wohl mal Artist, er konnte auf dem Lenker seines Fahrrads fahren und wenn er an einer Schnur zog, dann ging bei seinem Strohhut ein Deckel hoch! Wir Kinder haben ihn sehr gemocht.
Ich lebe heute immer noch in der Gegend, allerdings im Westteil, gleich neben der Brunnenstraße.

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